Pressemitteilung vom 26.4.2013:
Appell an die Vorstände der
Wohnungsbaugenossenschaften
In einem Offenen Brief an die Vorstände der Berliner Wohnungsgenossenschaften hat die Initiative »Genossenschaft von unten« an die Vorstände appelliert, auf die Anwendung der neuen Bestimmungen im Mietrechtsänderungsgesetz, das am 1. Mai in Kraft treten wird, freiwillig zu verzichten.
Der Solidargedanke ist in Frage gestellt, stellten die Versammlungsteilnehmer fest. Der Hauptgrund ist nach Meinung der Versammelten Paragraph 27 des Genossenschaftsgesetzes, wonach der Vorstand die Genossenschaft in eigener Verantwortung leitet. Die Mitsprache der Mitglieder ist damit ausgeschlossen. Bei Widerspruch greifen viele Vorstände zu Disziplinierungsmaßnahmen bis zum Ausschluß. Die Genossenschaftsverbände handeln allein im Interesse der Vorstände. Eine Organisation der Basis gibt es nicht.
Die Initiative fordert:
- Die Genossenschaften sollen ihren Mitgliedern und Mietern bei der energetischen Modernisierung weiterhin für drei Monate eine Mietminderung gewähren.
- Die Mieter sollen wie bisher ein Einspruchsrecht gegen die angekündigten Modernisierungsmaßnahmen haben, d.h. die Genossenschaft soll weiterhin die Zustimmung der Mieter einholen und in demokratischer Aussprache einen Konsens zur Modernisierung und zur Modernisierungsumlage suchen. Freiwillige Mieterhöhungen sollten genutzt werden.
- Härtefälle sollen vor Beginn im Gespräch zwischen Vorstand und Mietern gelöst oder gemildert werden. Wenn Mieter wegen der Modernisierung umziehen, soll dies nicht als Neuvermietung mit gleichzeitiger Mieterhöhung behandelt werden. Das soll auch für Umzüge innerhalb der Genossenschaft aus gesundheitlichen und sozialen Gründen gelten.
- Die Genossenschaften sollen die Kosten der Modernisierung statt mit elf nur mit neun Prozent jährlich umlegen und nach der Abzahlung der Kosten die Mieten wieder auf das ursprüngliche Niveau senken.
- Die Genossenschaften sollen nur im Ausnahmefall vom Recht auf Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren Gebrauch machen.
Nach Auffassung der Mitglieder der Initiative ist es ein Gebot der Gleichbehandlung innerhalb der Genossenschaft, dass die Mieter künftig mit den Kosten der Modernisierung zu den gleichen Bedingungen belastet werden wie ihre Genossen vor ihnen.
Da die Genossenschaften unter den bisherigen mietrechtlichen Bedingungen ihre Gebäude ohne Verluste modernisieren konnten, können sie auch künftig ohne die zusätzlichen Einnahmen oder Einsparungen erfolgreich wirtschaften.
Die Mitglieder der Initiative sind der Meinung, dass auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften genau so handeln sollten.
Antworten von Vorständen der Genossenschaften liegen bisher nicht vor. Offenbar ist es für sie ungewohnt, dass eine Initiative der Basis an ihre Leitungstätigkeit Ansprüche stellt. Hingegen fragen viele Genossenschaftsmitglieder nach dem Wortlaut des Offenen Briefes. In einzelnen Fällen diskutierten Mitglieder mit ihrem Vorstand über den Offenen Brief, zum Beispiel in der Wohnungsgenossenschaft Marzahner Tor.
Von den Fraktionen der SPD und der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus wurde Unterstützung signalisiert. Die Forderungen der Initiative deckten sich in vielem mit den Vorschlägen, die sie in den Bundesrat einbrachten, welche jedoch von CDU und FDP verhindert wurden.